Die schwerste Last die ein Kind trägt, ist das nicht gelebte Leben seiner Eltern
…
- Carl Gustav Jung
Du warst das Kind, das einfach da war. Offen. Nah. Wahrnehmend.
Mit einem inneren Feuer, das noch nicht wusste, wohin -
aber bereit war, zu leuchten.
Doch das Leuchten blieb nicht lange unbeobachtet.
Es wurde geprüft.
Beurteilt.
Gespiegelt an einem Maßstab,
den du nie gewählt hattest…
Die ersten Male waren kaum spürbar: Ein Blick. Ein Stirnrunzeln. Ein leiser Satz:
„Benimm dich.“
„So etwas sagt man nicht.“
Es klang banal. Aber dein Körper hat es gespeichert. Nicht als Erziehung -> sondern als Gefahr.
Wenn ich so bleibe, verliere ich Verbindung. Wenn ich mich anpasse, bin ich sicher.
Und so hast du begonnen, zu filtern…
Zu korrigieren…
Zu spiegeln…
Du hast geatmet wie sie…
Gedacht wie sie…
Oder zumindest so getan.
Denn Liebe war nicht bedingungslos -> sie war verknüpft mit Verhalten.
Und Zuwendung kam nur dann,
wenn du in ihrem Drehbuch mitspieltest.
Du hast nicht gewählt, eine Rolle zu spielen.
Du hast gewählt, nicht allein zu sein.
Und das war überlebenswichtig.
Denn Kinder brauchen Nähe.
Nicht weil sie schwach sind ->
sondern weil sie sonst nicht wachsen können.
Also hast du dich reduziert.
Auf das, was funktionierte.
Und weggeschnitten, was störte.
Nicht einmal bewusst,
aber dein Nervensystem hat längst gelernt:
Liebe = Kontrolle.
Und ja…deine Eltern haben es nicht „böse“ gemeint.
Aber sie waren gefangen.
In einem Netz aus alten Glaubenssätzen, aus kultureller Prägung, aus Unerlöstem.
Sie wollten, dass du „etwas wirst“, weil sie selbst nie sein durften.
Sie haben dich angepasst, weil sie nie lernen konnten, Vielfalt zu halten.
Viele Eltern identifizieren sich nicht über ihr inneres Sein ->
sondern über äußere Bilder.
Erfolg. Glaube. Ansehen. Konformität.
Und wenn das Kind aus dieser Spur tanzt, fühlen sie sich existenziell bedroht. Nicht bewusst, aber tief im Inneren.
Denn wenn du dich frei entfaltest,
wird sichtbar, wie sehr sie selbst gebunden sind.
In vielen Familien ist das Kind nicht ein Mensch, sondern ein Ersatz.
Für das, was gefehlt hat…
Ein Beweisstück für die Außenwelt: „Schaut her, ich hab alles richtig gemacht.“
Deshalb wird oft ein Kind bevorzugt - das besser funktioniert,
das besser spiegelt,
das besser lügt.
Nicht, weil es mehr geliebt wird,
sondern weil es mehr dem Bild dient.
Und das andere Kind?
Es wird gebrochen.
Nicht offen…aber leise.
Mit Liebesentzug.
Mit Schweigen.
Mit subtiler Abwertung.
So wächst ein Mensch auf, nicht als er selbst, sondern als Kompromiss.
Zwischen Wahrheit und Bindung.
Zwischen Sehnsucht und Anpassung.
Und irgendwann weißt du nicht mehr:
Was bin ich wirklich?
Was war für sie?
Was wäre ich geworden,
wenn man mich einfach gelassen hätte?
Dein Körper hat sich längst angepasst.
Die Atmung ist flach.
Das Nervensystem überreizt.
Deine Muskeln sind bereit zu kämpfen oder totgestellt.
Je nachdem, welche Rolle du übernommen hast.
Manche werden perfekt.
Andere unauffällig.
Wieder andere laut und rebellisch.
Aber alle tragen dasselbe Muster:
Ich bin nicht sicher, wenn ich einfach nur ich bin.
Und dann, Jahre später,
wenn du dich langsam löst,
wenn du dich hinterfragst,
wenn du nicht mehr gehorchst..
dann bricht etwas auf.
Nicht nur in dir.
Sondern im ganzen System.
Du spürst Schuld.
Nicht, weil du falsch bist ->
sondern weil du es wagst,
dich zu befreien aus einem Skript,
das nie deines war.
Und sie?
Sie reagieren mit Enttäuschung,
mit Unverständnis,
mit subtiler Schuldumkehr.
Denn wenn du jetzt aussteigst,
sehen sie, dass sie dich nie wirklich gesehen haben.
Und das ist schwer auszuhalten.
Also nennen sie dich undankbar.
Spirituell abgehoben.
Rebellisch.
Selbstverliebt.
Egoistisch.
Dabei bist du zum ersten Mal in deinem Leben ganz bei dir.
Bleib da.
Du bist nicht hier, um sie stolz zu machen.
Nicht, um ihr Aushängeschild zu sein.
Nicht, um das Trauma einer Ahnenlinie weiterzutragen.
Du bist die Störung ihrer Wiederholung.
Und das ist kein Fehler.
Das ist deine Aufgabe.
Das Familienskript endet mit dir.
Leaving WonD3rland 🪞💫